Im Beitrag Klick! wurde gezeigt, wie ein Shelly Bypass sein junges Leben auf dem Labortisch aushauchte. Vermutete ich zunächst (und vorschnell!), das defekte Leuchtmittel sei die Ursache des Ausfall des Bypasses gewesen (Sorry für diese übereilte Handlung!), so stellt sich bei theoretischen Überlegungen und bei der Inspektion der aufgezeichneten Oszillogramme heraus, daß die Fehlerursache in der Verwendung eines Trenntrafos liegen muß.
Im Folgenden möchte ich diese Vermutung begründen.
Der Meßaufbau:
Als Leuchtmittel war eine LED mit E27-Sockel vom Typ "BELLALUX 7W" eingesetzt. Die Strommessungen erfolgten mit der Tektronix-Stromzange A6302/AM503.
Dieses Oszillogramm hätte meine gesteigerte Aufmerksamkeit erregen müssen:
Dargestellt ist die Spannung über dem Bypass/Leuchtmittel. Shelly 1L ist eingeschaltet. Man erkennt eine hohe Spannungsspitze (592Vp), die fast den Grenzwert des MOSFET 7N65 erreicht (650 Vmax). Eine gedämpfte Schwingung folgt – das deutet auf eine Induktivität im Lastkreis hin!
Die Übersicht zeigt, zu welchem Zeitpunkt das oben gezeigte Detail im Verlauf einer Periode der Netzfrequenz auftritt:
Der gelbe Graph zeigt die Spannung U1 über dem Bypass; der blaue den Strom IBP durch den Bypass. Man erkennt, daß der Transistor im Bypass zu Beginn jeder Halbwelle für etwa 1,5ms leitet, um den Shelly 1L mit Betriebsstrom zu versorgen. Beim Abschalten des Transistors im Bypass entsteht, wie oben gezeigt, eine hohe Spannungsspitze über dem Bypass und eine Stromspitze durch den Bypass, die wir uns jetzt näher ansehen:
Beachtenswert ist die Abfallzeit des Stroms von knapp 180ns - die Ursache der Spannungsspitze!
Fehlermechanismus
Das Prinzipschaltbild zeigt, daß die Streuinduktivität LS im Stromlauf liegt. Die Wirkung wird etwas gedämpft durch den Wicklungswiderstand Rw. Das parallel zum Bypass geschaltete Leuchtmittel dämpft die Spannungsspitze und das Überschwingen ebenfalls. Fehlt diese Dämpfung, weil das Leuchtmittel entfernt wird oder durchbrennt, wird die Spannungsspitze größer, der MOSFET T2 im Bypass bricht durch und wird dauerhaft leitend. Weil T1 im Shelly 1L vollständig durchgeschaltet ist, liegt die volle Netzspannung über dem Bypass an. Der Sicherungswiderstand von 2Ω/2W im Bypass kann die Komponenten im Bypass nicht schützen: Die Gleichrichterbrücke (4 St. 1N4007) legiert durch, der Shunt (0,22Ω) brennt ab. Exitus des Bypass…
Der Shelly 1L bleibt nur deshalb heil, weil T1 sehr niederohmig ist.
Eine Abhilfe durch VDR oder TVS-Diode im Bypass würde den Bypass retten, jedoch den vorgeschalteten Shelly 1L bzw. Dimmer ins Verderben reißen. Folglich hat Allterco auf solche Schutzmaßnahmen verzichtet und „opfert“ die preislich günstigste Komponente.
Lerneffekt
Induktivitäten im Stromkreis Shelly 1L/Dimmer – Bypass sind zu vermeiden! Dabei ist eine zum Bypass parallelgeschaltete Induktivität in der Theorie weniger gefährlich, weil diese durch den Transistor T2 im Bypass kurzgeschlossen wird. Dadurch kann der Strom weiterfließen – Spannungspitzen werden vermieden. Fatal war die Streuinduktivität des Trenntransformators! Das Lehrgeld (5€ für den Bypass) ist jedoch zu verschmerzen…
Funktionsablauf
Dargestellt sind die wesentlichen Bauteile eines Bypass. Wie oben gezeigt, leitet Transistor T2 im Bypass zu Beginn jeder Halbwelle. Im Shelly 1L (Schalter S geschlossen) wird T1 auf einen mittleren Widerstand eingestellt, damit ein Spannungsabfall entsteht, der über zwei Dioden direkt die 12V-Schiene im Shelly speist. Bei Erreichen des Sollwerts wird T1 wieder vollständig durchgeschaltet. Jetzt muß T2 im Bypass öffnen, damit die parallelgeschaltete Last auf Sollstromstärke kommt.
Dieses Wechselspiel findet in den ersten Millisekunden jeder Halbwelle statt.
Wenn ein Ersatz für den defekten Shelly eingetroffen ist, möchte ich die gleichen Messungen OHNE Trenntrafo vornehmen - und bin gespannt, ob sich die Theorie bestätigen wird.